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Septuaginta: „Wir wollen die Wurzeln des Juden- und Christentums besser verstehen“

Bild zum Beitrag Septuaginta: „Wir wollen die Wurzeln des Juden- und Christentums besser verstehen“

Prof’in. Dr. Michaela Geiger



Veröffentlicht am 23. Juli 2025

Vom 24. bis 27. Juli 2025 findet an der Kirchlichen Hochschule (KiHo) Wuppertal die 9. internationale Septuaginta-Fachtagung unter dem Titel „Die Septuaginta: Geschichtsbücher, Historiographie, Literatur“ statt. Im Interview erklärt Prof’in. Dr. Michaela Geiger, welche Bedeutung die Forschung an antiken, griechischen Texten für die Bibelforschung bis heute hat und welche Rolle Wuppertal dabei spielt. Sie ist Professorin für Altes Testament, Rektorin der KiHo und Leiterin der Fachtagung.

Frau Geiger, welche Ziele verfolgt die Septuaginta-Forschung?

Das Wort Septuaginta bedeutet 70. Der Legende nach haben sich 70 Menschen zusammengesetzt, um das Alte Testament aus dem Hebräischen ins Griechische zu übersetzen. Warum? Weil ab etwa 250 v. Chr. immer weniger Menschen Hebräisch verstanden und daher eine Übersetzung der Ur-Schriften ins Griechische notwendig wurde. Das gilt auch für die Menschen zur Zeit des Neuen Testaments. Sie kannten das Alte Testament auf Griechisch. Aus heutiger Sicht sind diese Übersetzungen besonders wertvoll, weil sie anders als die meisten hebräischen Handschriften gut und vollständig erhalten sind. Die Septuaginta-Forschung versucht daher, vom griechischen Text Rückschlüsse auf den hebräischen Originaltext zu ziehen und zu verstehen, wie die älteste Fassung des Alten Testaments ausgesehen haben könnte. Am Ende helfen uns diese Erkenntnisse, die Wurzeln sowohl des Judentums als auch des Christentums besser zu verstehen.

Versiegen diese antiken Textquellen nicht irgendwann?

Es werden immer noch neue, griechische Handschriften gefunden. Eine vollständige, kritische Ausgabe der vielen Handschriften der Septuaginta gibt es daher bis heute nicht. Wer herausfinden will, welche dieser Texte die besten Rückschlüsse auf den Urtext bieten, muss sehr viel analysieren und vergleichen. Diese Forschungsarbeit können nur wenige Expertinnen und Experten leisten.

Die Septuaginta-Fachtagung findet in diesem Jahr zum 9. Mal in Wuppertal statt. Warum hat die Kirchliche Hochschule eine solche Anziehungskraft entwickelt?

Die beiden Lehrstühle für Altes und Neues Testament haben sich viele Jahre lang auf die Septuaginta-Forschung konzentriert. Sie haben das große Projekt ins Leben gerufen, mit vielen anderen Expertinnen und Experten das griechische Alte Testament in Deutsche zu übersetzen. Aus „Septuaginta Deutsch“ ist eine ganze Reihe Handbücher entstanden, die den Zugang zu diesen Texten für Studierende und andere Interessierte erheblich erleichtert. Und nicht zuletzt hat die KiHo einen sehr schönen Campus. Die Teilnehmenden kommen ganz einfach gerne hierhin.

An der Tagung nehmen unter anderem rund 30 Referentinnen und Referenten aus dem europäischen Ausland, zudem aus Israel, Südafrika, Korea und Kanada teil. Insgesamt sieht das Programm rund 50 Vorträge vor. Wo sehen Sie die Höhepunkte?

Mit Spannung erwarte ich den Vortrag von Prof‘in. Dr. Sabine Müller, einer Expertin für Alte Geschichte von der Universität Marburg. Mit ihr wir wollen wir besser verstehen, wie die Septuaginta durch die hellenistische Geschichtsschreibung beeinflusst wurde. Wie sich die Septuaginta mit den Mitteln der modernen Erzähltheorie deuten lässt, werde ich in dem Vortrag beleuchten, den ich gemeinsam mit dem Germanisten Prof. Dr. Matías Martínez von der Bergischen Universität Wuppertal halte. Ganz besonders freue ich mich Prof. Dr. Emanuel Tov vom bibelwissenschaftlichen Institut der Hebräischen Universität in Jerusalem wiederzusehen und seinen Vortrag zu hören. Im Alter von 83 Jahren ist er in diesem Jahr zum neunten Mal in Wuppertal dabei.

Die Synode der Ev. Kirche im Rheinland hat im Februar dieses Jahres beschlossen, die KiHo Wuppertal zum 31. März 2027 zu schließen. Wird es eine nächste Septuaginta-Fachtagung geben?

Die nächste Septuaginta-Fachtagung findet 2027 in Wittenberg statt. Frank Ueberschaer, Professor für Altes Testament an der Theologischen Fakultät an der Universität Halle / Wittenberg, wird den Staffelstab übernehmen. Die Septuaginta-Tagungen werden jenseits von Wuppertal eine Fortsetzung finden.